Der türkisfarbene Balken verschwindet, das Thema bleibt
Die Kirchentüre, die Webseite und andere Publikationen der Pfarrei St. Michael ziert seit 2019 ein türkisfarbener Streifen als Zeichen gegen den Missbrauch in der katholischen Kirche. Künftig will man auf diese Balken verzichten, das Thema bleibt aber präsent.
Im Frühling 2019 ging ein Aufschrei durch die Bevölkerung und die Medien, als in der katholischen Kirche als erneute Missbrauchsfälle, diesmal an Ordensleuten, aufgedeckt wurden. In Anlehnung an die internationale Bewegung «nomore.org» die mit der Farbe Türkis auf häusliche Gewalt und sexuelle Übergriffe aufmerksam macht, wurde vor allem im Zürcher Oberland eine Aktion mit türkisfarbenen Fahnen und Bändern initiiert.
Die Pfarrei St. Michael schloss sich damals der Aktion an. Seither erinnert ein türkisfarbener Balken an der Kirchentür und zahlreichen Medien an die Missbrauchsopfer; und während der Gottesdienste brennt eine Kerze zu ihrem Andenken.
Inzwischen wurde und wird nach wie vor auf verschiedenen Ebenen gearbeitet, um begangenes Leid aufzudecken. Präventionsmassnahmen wurden ergriffen, um neue Verfehlungen und Missbräuche zu verhindern. Unter anderem hat die Bischofskonferenz eine unabhängige Studie zur Erforschung der Geschichte sexueller Ausbeutung im Umfeld der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz in Auftrag gegeben. Das Bistum Chur hat seit Ende 2019 Präventionsbeauftragte, die die Themen Missbrauch und Vorbeugung bearbeiten. Im Frühling wurde ein Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht herausgegeben und von der Bistumsleitung sowie den Kantonalkirchen des Bistums unterzeichnet. Damit ist den Pfarreien und ihren Leitungen ein konkretes Instrument an die Hand gegeben worden. Es verpflichtet, über die Thematik zu sprechen, fördert die Sensibilisierung und das Bewusstsein zum Umgang miteinander sowie mit sich selbst. Der Verhaltenskodex hat zum Ziel, innerhalb der kirchlichen Strukturen ein offenes, transparentes Klima zu fördern, das begünstigende Faktoren, die zu Missbrauch führen können, gar nicht erst zulassen. Das Seelsorgeteam und der Pfarreirat der katholischen Kirche Dietlikon, Wangen-Brüttisellen haben deshalb entschieden, dass es an der Zeit ist, die türkisfarbenen Balken zu entfernen. „Wir bleiben aber am Ball und werden uns im Pfarreirat zwei Mal im Jahr mit der Prävention von Machtmissbrauch in der Pfarrei auseinandersetzen. Und das Pfarreiteam wird dies ebenfalls tun“, sagt Pfarreiratspräsidentin Anne-Catherine de Loë. Auf der Webseite der Pfarrei wird eine neue Seite mit Informationen zur Prävention aufgeschaltet mit Angaben, an wen sich jemand wenden kann, falls sie oder er in diesem Zusammenhang Hilfe benötigt. Auf der Webseite der katholischen Kirche im Kanton Zürich www.zhkat.ch findet man diese Anlaufstelle bereits.
Bistum Chur: Verhaltenskodex sichert Qualitätsstandards
Die Auseinandersetzung zu sexuellem und spirituellem Missbrauch in der katholischen Kirche zeigt mit aller Deutlichkeit, wie wichtig Prävention von Machtmissbrauch ist. Macht bedingt Sorgfalt und Achtsamkeit, weil in Machtgefällen Grenzverletzungen besonders schwer wiegen. In der katholischen Kirche sind Machtstrukturen träge – dennoch braucht es dringend Instrumente der Machtreflexion und Qualitätssicherung rund um Macht im Hier und jetzt. Das Bistum Chur legt deshalb einen Verhaltenskodex vor, der für alle kirchliche Mitarbeiter/-innen, Seelsorger/-innen und Führungspersonen – Bischof inklusive – verbindlich sein soll.
2022_verhaltenskodex_macht_bistum_chur
Prävention von Machtmissbrauch in der Freiwilligenarbeit
20221005-Prävention_Freiwilligenarbeit_Bistum_Chur